Seit vielen Jahren reisen die Studierenden im Modul „Internationales/Politik“ des Master-Studiengangs Soziale Arbeit in ihrem zweiten Modul-Semester nach Brüssel mit Leitthema: „Lobbyismus für Soziale Arbeit und Sozialpolitik“, diesmal am 25./26. April 2017. Ihr Seminarleiter Prof. Dr. Michael Opielka hält das für eine gute Idee, um die Praxis europäischer Politik nicht nur in Texten zu überdenken, sondern sie in persönlichen Begegnungen zu erleben. Alle Jahre wieder gilt es aber die Studierenden davon zu überzeugen, sich mindestens zwei Tage in die Ferne aufzumachen, trotz Zuschuss des Fachbereichs auch etwas Geld in die Hand zu nehmen und die Veranstaltung sowohl fachlich wie organisatorisch möglichst selbständig vorzubereiten. Um es vorweg zu nehmen: Am Ende war es eine brillante Exkursion, diejenigen, die dabei waren, waren beeindruckt und die Vorbereitungsgruppe war famos.
Was geschah? Wie bei jeder Exkursion besuchen wir die Thüringer Landesvertretung in Brüssel, also ein Stück Heimat in der Ferne. Der stellvertretende Leiter, Wolfgang Borde, ist zugleich zuständig für Arbeit, Gesundheit und Soziales. Er versteht es meisterhaft, die persönliche Dimension des Sozial-Lobbyismus anschaulich zu machen. Eine zweite Station ist stets einer der deutschen Wohlfahrtsverbände, die alle allein und zugleich über Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege Brüsseler Verbindungsbüros unterhalten. Diesmal besuchten wir erstmals das Internationale Rote Kreuz und wurden über die umfassenden Aktivitäten für Soziale Arbeit und Sozialpolitik informiert und diskutierten sehr engagiert.
Besondere Aufmerksamkeit gilt bei den Exkursionen immer auch dem Europäischen Parlament und – wenn zeitlich möglich – der Europäischen Kommission. Diesmal konnten drei hoch interessante Gespräche mit Europaabgeordneten vereinbart werden: Mit Terry Reintke von den Grünen, sie ist kaum älter als die meisten Studierenden; mit Sven Schulz von der CDU, der als aufstrebender konservativer Politiker gilt; und mit Gaby Zimmer von den Linken, die zugleich Fraktionsvorsitzende der linken Europaparlamentsfraktion ist. Während der Exkursion wogte auch in den Medien das Thema „Soziale Säule Europas“ (Social Pillar) und das war für die Exkursion durchaus ein Geschenk: unsere Fragen und Anliegen stießen auf Interesse der PolitikerInnen und die Studierenden hatten – fast alle erstmals – das Gefühl: nicht nur Europa ist relevant und unsere Zukunft, auch Politik betrifft uns, ist spannend und muss verstanden werden. Den Eindruck eines der Studierenden möchte ich direkt zitieren, weil er gut wiedergibt, was in allen Exkursionsteilnehmenden lebte: „Persönlich ist mir der Eindruck sehr nachhaltig, dass die Europa-Politiker überwiegend eine sowohl räumlich wie auch zeitlich weite, fast visionäre Perspektive, jenseits der Parteipolitik, haben. Das erschwert die Kommunikation mit der Heimat, aber macht Hoffnung auf eine langfristig ausgerichtete Europapolitik.“ Europäische Politik ist weitaus weniger Parteipolitik als wir es von der nationalen Ebene kennen, es geht natürlich auch um Interessen, aber vor allem um Lösungen. Es ist gut, dass die künftigen Master-Absolventen der Hochschule mit solchen Gedanken in die Welt gehen.
Michael Opielka